Das seminar RADEIN fördert Wissenschaft und Forschung
Im Juni 1978 wurde der Trägerverein 'Forschungsseminar Radein zum Vergleich von Wirtschafts- und Gesellschaftssystemen e.V.' an der Philipps-Universität in Marburg an der Lahn gegründet. Er gibt seither dem Seminar den rechtlichen und organisatorischen Rahmen und wurde, bis zu dessen Tod im Jahr 1987, fast 10 Jahre lang von Ingomar Bog als erstem Vorsitzenden erfolgreich geführt. 1988 übernahm Dieter Cassel (Universität Duisburg) den Vorsitz; ihm folgten 1997 H. Jörg Thieme (Universität Düsseldorf), 2007 Karl-Hans Hartwig (Universität Münster) und seit 2013 Dirk Wentzel (Hochschule Pforzheim).
Zweck des Vereins ist die Förderung von Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet der Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft, insbesondere der Analyse und des Vergleichs von Wirtschaftssystemen und Institutionen. Der Satzungszweck wird durch die Vorbereitung und Durchführung wissenschaftlicher Veranstaltungen - insbesondere der Radein-Seminare - und Forschungsvorhaben sowie durch die Veröffentlichung ihrer Ergebnisse – zumeist in der Schriftenreihe zu Ordnungsfragen der Wirtschaft – verwirklicht.
Der Verein ist selbstlos tätig und verfolgt keine eigenwirtschaftlichen Zwecke. Die Mittel des Vereins dürfen nur für die genannten Zwecke verwendet werden. Der gemeinnützige Verein finanziert die Verwirklichung seiner Zwecke durch Spenden oder Zuschüsse.
Entstehung des Radein-Seminars
Im Februar 1967 fanden sich Professor Dr. K. Paul Hensel, Direktor der Forschungsstelle zum Vergleich wirtschaftlicher Lenkungssysteme, und Professor Dr. Ingomar Bog, Direktor des Seminars für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Philipps-Universität Marburg, mit ihren Schülern in Alpach in Tirol zusammen, um eine Woche lang neue Erkenntnisse und Betrachtungsweisen der Ordnungs- und Institutionenökonomik sowie der Wirtschaftsgeschichte zu erörtern.
Die Teilnehmer dieses Seminars waren so begeistert über diese Möglichkeit des Erkenntnisaustauschs, dass der Wunsch bestand, sich im kommenden Jahr wieder in einer Atmosphäre zu versammeln, die es zuließ, die Distanz des universitären Alltags zwischen Lehrern und Schülern aufzuheben und die Grenzen des eigenen Faches zu überschreiten. Interdisziplinarität war von Anfang an fester Bestandteil des Seminars.
Ein glücklicher Zufall führte K. Paul Hensel im darauf folgenden Jahr nach Radein in Südtirol. Die Abgeschiedenheit dieses kleinen Bergdorfes, das damals noch durch keine Straße mit der Umwelt verbunden war, erschien ihm als ideale Voraussetzung zur Fortführung des Seminars. Hier stellt sich nun seit 1968 Jahr für Jahr jenes offene geistige Klima ein, das Teilnehmer aus verschiedenen Ländern, Wissenschaftler zahlreicher Universitäten und Hochschulen, unterschiedlicher Fachrichtungen und Interessen, erfahrene und junge Wissenschaftler in jedem Februar zu einem einwöchigen Klausuraufenthalt im traditionellen Hotel Zirmerhof zusammenführt und zu offenen Diskussionen herausfordert. Der Zirmerhof und „das Seminar“ haben einen festen Stellenwert in der wissenschaftlichen Fachwelt erhalten.
Erkenntnisgegenstand der interdisziplinären Diskussionen von Ökonomen, Wirtschaftshistorikern und Juristen, die von Anfang an zum Kreis der Radeiner gehörten, war das Lebenswerk von K. Paul Hensel: der Vergleich von Wirtschafts- und Gesellschaftssystemen. Anfänglich lag ein thematischer Schwerpunkt auf dem Vergleich von Zentralverwaltungswissenschaften mit marktwirtschaftlichen Ordnungen. Dieses Gebiet war weit genug, um die Arbeit vieler Jahre zu motivieren und Erkenntnisinteressen Raum zu gewähren, die über die Fachgrenzen hinausführten. Nach dem Fall der Berliner Mauer und dem Zerfall der zentralgelenkten Wirtschaftssysteme erweiterte sich das Forschungsspektrum. Heute werden zahlreiche moderne Anwendungsgebiete der Ökonomik diskutiert, etwa die Europäische Integration, Wettbewerbsökonomik, Finanzmärkte, Geldpolitik, Medienökonomik, Theorie und Praxis internationaler Organisationen, Verhaltensökonomik, und viele mehr. Fest in das Seminar integriert ist ein Doktorandenseminar, bei welchem junge Wissenschaftler ihre Arbeiten präsentieren. Auch hierdurch kommen immer wieder neue Ideen, Methoden und Perspektiven in „das Seminar“. Es geht nicht um das Rezitieren alter Meister, es geht um die Neu- und Weiterentwicklung der Ordnungsökonomik.
Nach und nach verstreuten sich die Schüler der Seminargründer Hensel und Bog als Professoren und Praktiker über die Bundesrepublik Deutschland und führten dem Seminar aus ihrem Kollegen- und Mitarbeiterkreis stets neue Teilnehmer zu. Die jährlichen Tagungen versammeln inzwischen bis zu 50 Wissenschaftler und Praktiker aus mehreren Nationen in Radein. Im Februar 2017 hat das Seminar unter der Leitung von H. Jörg Thieme und Justus Haucap sein fünfzigjähriges Jubiläum erlebt, was ein absolutes Alleinstellungsmerkmal unter vergleichbaren Konferenzen ist. Das Radein-Seminar ist damit der älteste ordnungspolitische „Think Tank“ in Europa – mit sehr viel jugendlichem Elan für die Zukunft.
Teilnehmer des Seminars sind zum einen die in der Seminartradition Hensels stehenden Professoren und ihre Mitarbeiter, die Mitglieder des Trägervereins, zum anderen ein je nach Thema wechselnder Kreis von Experten aus dem In- und Ausland, darunter nicht nur Wissenschaftler aus Universitäten und Forschungsinstituten, sondern auch sachkundige Praktiker aus Politik, Wirtschaft und Verbänden. Internationalität, Interdisziplinarität und Innovation sind die drei tragenden Säulen des Seminars.
Die Seminare der Vergangenheit, die vollständig dokumentiert sind, haben zu einer sehr großen Anzahl von Publikationen geführt. Die von Hensel 1954 begründete „Schriftenreihe zu Ordnungsfragen der Wirtschaft“ ist nach wie vor Publikationsort der meisten Radein-Seminare. Heute wird die Schriftenreihe federführend von Dirk Wentzel herausgegeben. Über den Verlag deGryter können die Bände bezogen werden.
SHORT FACTS:
1967: Gründung Radein durch Prof. K. Paul Hensel, seitdem jährliche Treffen
1978: Gründung des eingetragenen Vereins
2017: 50-jähriges Jubiläum des Forschungsseminars Radein
WIRKEN:
Jährliche Klausurtagung sowie Publikation der Schriften
Nächstes Seminar:
4. bis 11. Februar 2024
Freie Märkte im Systemwettbewerb
mitgliederzahl: 27
aktuelle vorsitzende:
Dirk Wentzel
Thomas Apolte
Rahel Schomaker
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Jüngste PublikationEN:
Publikationen
Aus den bisherigen Seminaren sind zahlreiche Veröffentlichungen hervorgegangen (s.u.),
welche über diesen Link vom Verlag de Gruyter bezogen werden können:
Zur Ökonomik von Sport, Entertainment und Medien - Schnittstellen und Hintergründe: Oliver Budzinski, Justus Haucap, Annika Stöhr & Dirk Wentzel (Hrsg.), Band 108, 2021.
Wachstum, Entwicklung, Stabilität - Governanceprobleme und Lösungen: Martin Leschke und Nils Otter (Hrsg); Band 106, 2020
Wirtschaftspolitik im Wandel — Ordnungsdefizite und Lösungsansätze; H. Jörg Thieme, Justus Haucap (Hrsg.); Band 105, 2017.
Europäische Energiewende; Rahel Schomaker (Hrsg.); Band 104, München 2017.
Behavioral Economics und Wirtschaftspolitik; Christian Müller, Nils Otter (Hrsg.); Band 100, 2014.
A New Global Financial Architecture In The Aftermath Of The Crisis: A European View; Ansgar Belke, Albrecht F. Michler, 2013.
Internationale Organisationen - Ordnungspolitische Grundlagen, Perspektiven und Anwendungsbereiche; Dirk Wentzel (Hrsg.); Band 97, 2013.
Migration und Integration als wirtschaftliche und gesellschaftliche Ordnungsprobleme; Rahel Schomaker, Christian Müller, Andreas Knorr (Hrsg.); Band 95, 2012.
Die aktuelle Finanzkrise — Bestandsaufnahme und Lehren für die Zukunft; Albrecht F. Michler, Heinz-Dieter Smeets (Hrsg.); Band 93, 2011.
Bildungspolitik und Soziale Marktwirtschaft; Thomas Apolte, Uwe Vollmer (Hrsg.); Band 91, 2010.
Medienökonomik - Theoretische Grundlagen und Ordnungspolitische Gestaltungsmöglichkeiten; Dirk Wentzel (Hrsg.); Band 89, 2009.
Systeme monetärer Steuerung — Analyse und Vergleich geldpolitischer Strategien; Albrecht F. Michler, H. Jörg Thieme (Hrsg.); Band 86, 2007.
Zentralität und Dezentralität von Regulierung in Europa; Klaus Heine, Wolfgang Kerber (Hrsg.); Band 83, 2007.
Neuere Entwicklungen in der Infrastrukturpolitik; Karl-Hans Hartwig, Andreas Knorr (Hrsg.); Verlag Vandenhoek & Ruprecht, 2005.
Wissenschaftliche Politikberatung - Theorien, Konzepte, Institutionen; Martin Leschke, Ingo Pies (Hrsg.); Band 75, 2005.
Regionale Integration und Osterweiterung der Europäischen Union; Dieter Cassel, Paul J.J. Welfens (Hrsg.); Band 72, 2003.
Ordnungsprobleme der Weltwirtschaft; Alfred Schüller, H. Jörg Thieme (Hrsg.); Band 71, 2002.
Arbeitsmärkte und soziale Sicherungssysteme unter Reformdruck - Fehlentwicklungen und Lösungsansätze aus Institutionenökonomischer Sicht; Thomas Apolte, Uwe Vollmer (Hrsg.); Band 68, 2001.
Ordnungstheorie und Ordnungspolitik — Konzeptionen und Entwicklungsperspektiven; Helmut Leipold, Ingo Pies (Hrsg.); Band 64, 2000.
Finanzmärkte — Funktionsweise, Integrationseffekte und ordnungspolitische Konsequenzen; Karl-Hans Hartwig, H. Jörg Thieme (Hrsg.); Band 58, 1999.
50 Jahre Soziale Marktwirtschaft — Ordnungstheoretische Grundlagen, Realisierungsprobleme und Zukunftsperspektiven einer wirtschaftspolitischen Konzeption; Dieter Cassel (Hrsg.); Band 57, 1998.
Wirtschaftsordnung und wirtschaftliche Entwicklung; Spiridon Paraskewopoulos (Hrsg.); Band 53, 1997.
Dimensionen des Wettbewerbs — Seine Rolle in der Entstehung und Ausgestaltung von Wirtschaftsordnungen; Karl Von Delhaes, Ulrich Fehl (Hrsg.); Band 52, 1997.
Ökonomische Erfolge und Mißerfolge der Deutschen Vereinigung — Eine Zwischenbilanz; Gernot Gutmann, Ulrich Wagner (Hrsg.); Band 45, 1994.
Die Europäische Integration als ordnungspolitische Aufgabe; Helmut Gröner, Alfred Schüller (Hrsg.); Band 43, 1993.
Transformationsprozesse in sozialistischen Wirtschaftssystemen: Ursachen, Konzepte, Instrumente; Karl-Hans Hartwig, H. Jörg Thieme (Hrsg.), Springer-Verlag, 1991.
Wirtschaftssysteme im Umbruch. Sowjetunion, China und industrialisierte Marktwirtschaften zwischen internationalem Anpassungszwang und nationalem Reformbedarf; Dieter Cassel (Hrsg.); Verlag Vahlen, 1990.
Ethik und Ordnungsfragen der Wirtschaft; Gernot Gutmann, Alfred Schüller (Hrsg.); Nomos Verlagsgesellschaft, 1989.
Ordnungstheorie: Methodologische und institutionentheoretische Entwicklungstendenzen, Arbeitsberichte zum Systemvergleich; Karl-Hans Hartwig, Carsten Herrmann-Pillath, Helmut Leipold, Alfred Schüller, H. Jörg Thieme (Hrsg.); V.D. Forschungsstelle zum Vergleich wirtschaftlicher Lenkungssysteme der Universität Marburg, Nr. 11, 1987.
Zur Interdependenz von Unternehmens- und Wirtschaftsordnung; Helmut Leipold, Alfred Schüller (Hrsg.); Band 38, 1986.
Geldtheorie. Entwicklung, Stand und systemvergleichende Anwendung; H. Jörg Thieme (Hrsg.), Nomos Verlagsgesellschaft, 1985, 2. A. 1987.
Wirtschaftspolitik im Systemvergleich. Konzeption und Praxis der Wirtschaftspolitik in kapitalistischen und sozialistischen Wirtschaftssystemen; Dieter Cassel (Hrsg.); Verlag Vahlen, 1984.
Vermögen im Systemvergleich; Hans-Günter Krüsselberg (Hrsg.); Band 34, 1984.
Funktionsprobleme der DDR-Wirtschaft; Gernot Gutmann (Hrsg.); Band 30, 1982.
Vermögen in ordnungstheoretischer und ordnungspolitischer Sicht; Hans-Günter Krüsselberg (Hrsg.); Köln, 1980.
Außenwirtschaftspolitik und Stabilisierung von Wirtschaftssystemen; Alfred Schüller, Ulrich Wagner (Hrsg.); Band 28, 1980.
Gesamtwirtschaftliche Instabilitäten im Systemvergleich; H. Jörg Thieme (Hrsg.); Band 27, 1979.
Einkommensverteilung im Systemvergleich; Dieter Cassel, H. Jörg Thieme (Hrsg.); Gustav Fischer Verlag, 1976.
Spontane Ordnungen der Geldwirtschaft und das Inflationsproblem; Fritz W. Meyer, Alfred Schüller; Verlag Mohr-Siebeck, 1976.
Sozialistische Marktwirtschaften. Konzeptionen und Lenkungsprobleme; Helmut Leipold (Hrsg.); Verlag C.H. Beck, 1975.
Arbeiterselbstverwaltung in Jugoslawien. Ökonomische und wirtschaftspolitische Probleme; Hannelore Hamel (Hrsg.); Verlag C.H. Beck, 1974.
Die Sozialistische Marktwirtschaft Jugoslawiens; Michael Hagemann, Alenka Klemencic; Band 22, 1974.
Wirtschaftssysteme des Sozialismus im Experiment — Plan oder Markt; Ludwig Bress, K. Paul Hensel u.a.; Frankfurt 1972.
Das Profitprizip – seine ordungspolitischen Alternativen in sozialistischen Wirtschaftssystemen; K. Paul Hensel, Kurt Wessely, Ulrich Wagner; Band 19, 1972.
Wirtschaftssysteme zwischen Zwangsläufigkeit und Entscheidung; Fritz Blaich, Ingomar Bog, Gernot Gutmann, K. Paul Hensel u.a.; Band 18, 1971.
Die sozialistische Agrarverfassung. Ein Ausnahmebereich im Wirtschaftssystem der DDR; H. Jörg Thieme; Stuttgart 1969.
Die Sozialistische Marktwirtschaft in der Tschechoslowakei; K. Paul Hensel und Mitarbeiter; Band 12, 1968.
Methodologische Systeme der Wirtschaftswissenschaft; Dieter Cassel; Diss. Marburg 1968.